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Außer Kontrolle

 ·  ☕ 3 Minuten zum Lesen  ·  ✍️ dark*
Ich haenge noch irgendwo zwischen bleierner Schwere unruhigen Schlafes, der zweiten und dritten Tasse Kaffee und ebensovielten Zigarette. Der Aufdruck "Rauchen kann toedlich sein!" in dicken, schwarzen Lettern auf der Packung ist nur ein weiterer Anreiz fuer den naechsten Glimmstengel. Gestern auf dem Gang der Unfallchirurgie sah man den Fuss des Mannes, an der Ferse schon ganz schwarz. Ein Raucherbein? Ekelhaft. So will ich lieber doch nicht dahinsiechen. Vielleicht hoere ich ja irgendwann auf. Der staendige Qualm in der Wohnung nervt, und die omnipraesente Gelbfaerbung von Waenden, Tueren und saemtlichen Inventars kotzt mich schon seit Jahren an. Aber offensichtlich noch nicht genug. Naja.

Kaffee und Waschpulver gehen zur Neige, reichen nicht mehr bis Montag. Ich muss einkaufen, vorher noch zur Bank, Geld holen. Mir waere jetzt mehr nach Muessiggang als nach solch einem muessigen Gang. Aber was soll's, die taegliche Schlacht beginnt ...

Das Maedchen geht in die gleiche Schulklasse wie meine Tochter. Vorhin sah ich sie im Supermarkt, sie erledigte die Einkaeufe fuers Wochenende, lebt mit ihrem Vater alleine. In der Wohnung sieht es meistens mehr als nur chaotisch aus, ein beissender Geruch haengt in der Luft. Sie erzaehlt Raeuberpistolen ueber eine verstorbene Mutter, angebliche Erlebnisse, nicht vorhandene Geschwister. Sie luegt sich ihre Welt schoen, weil sie die Mutter hasst und der Vater mit seinem Alleinerziehenden-Dasein ueberfordert ist. Sie muss die Wohnung in Ordnung halten, das Geschirr spuelen, oftmals ihre warmen Mahlzeiten selbst zubereiten. Jeden Nachmittag ist sie alleine bis sechs, bisweilen sogar acht oder neun Uhr, da der Vater arbeiten geht. Und sie muss die Wochenendeinkaeufe machen, ausser Bier und die illegalen Zigaretten vom Vietnamesen, von denen sie ihm manchmal welche klaut, die muss der Vater (noch) selbst besorgen ...

Geschafft! Das (das?) Habitat ist wieder im artgerechten Zustand, die Hygiene entspricht der Norm, wenn auch noch nicht meinen Anspruechen, die irgendwo zwischen staubfrei und steril einzuordnen sind. Allerdings laesst sich dies kaum verwirklichen, wenn man mit Kind und Kater zusammen wohnt und Putzen nicht zum Full-Time-Job ausarten soll. Morgen noch Latrinendienst und Betten beziehen, dann bin ich durch. Jetzt goenne ich mir noch einen Absacker-Fencheltee, und dann husch husch ins Bettchen. Ich glaube, ich trinke zuviel Fencheltee. Zuviel ist ungesund, egal von was. Ich bin schon richtig suechtig nach dem Zeug. Vielleicht sollte ich ihn strecken? Im Schrank steht noch 54 %-iger Ueberseerum, der wuerde sich anbieten.

Ich habe ein wenig den Ueberblick ueber meine taegliche Pillen-Ration verloren. Zu Beginn meiner Karriere als Tabletten-Junkie im September vergangenen Jahres liess ich mir in der Apotheke eigens so ein Alte-Leute-Krankenhaus-Pillen-Teil geben mit einzelnen Abschnitten fuer morgens, mittags, abends und nachts. Schliesslich kenne ich mich schon etwas laenger und weiss, dass ich mit regelmaessiger Medikamenteneinnahme ohne Hilfsmittel ueberfordert bin. Aber gestern dachte ich mir ich bin ja schon gross und versuche es seither ohne dieses Teil. Jetzt habe ich keine Ahnung, ob ich heute ueberhaupt schon Pillen geschluckt habe oder vielleicht versehentlich zuviel, was wiederum tragisch (fuer andere, nicht fuer mich) waere, da eine Ueberdosis zum Herzstillstand fuehren kann.

Irgendwie scheint zur Zeit alles ein wenig ausser Kontrolle zu geraten.
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dark*
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dark*
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