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Flucht

 ·  ☕ 3 Minuten zum Lesen  ·  ✍️ dark*

Der Tag fing schon beschissen an. Ich war wieder einmal viel zu spät aufgestanden und hatte bereits viel zu viel Zeit vertrödelt, als ich endlich zum Fahrrad ging, um zur Arbeit zu fahren. Dort angekommen stellte ich fest, den Fahrradschlüssel in der Wohnung vergessen zu haben. Normalerweise ist dieser am Schlüsselbund, aber da der Bastler mir erst gestern Abend mein Fahrrad wieder gebracht hat, war der Schlüssel noch nicht wieder an seinem alten Platz. Also musste ich die vier Etagen noch einmal nach oben laufen, die Wohnungstüre aufschließen, den Schlüssel suchen (ziemlich entnervt), Wohnungstüre wieder abschließen und vier Etagen wieder runter laufen. Der Rest des Tages lief auch nicht besser.

Auf dem Weg zur Arbeit stellte ich fest, dass ich mein Frühstück daheim vergessen hatte. Ich beschloss, mir unterwegs etwas zu kaufen. Noch während ich überlegte, ob ich mein Frühstück beim Bäcker oder beim Discounter besorgen sollte, fiel mir ein, dass ich gar kein Bargeld mehr besaß. Ich musste noch zur Bank und änderte meine Route entsprechend. An sich wäre dies halb so dramatisch, würde nicht unmittelbar vor der Bank gebaut. Die Straße ist komplett aufgerissen, mitten im Chaos liegen die blanken Straßenbahnschienen. Mit dem Fahrrad ist da so ohne Weiteres kein Durchkommen, weswegen ein neuerlicher Umweg fällig war. Natürlich war es sowohl bei der Bank vor dem Geldautomaten ziemlich voll als auch beim Discounter an der Kasse. Wobei die Menge der Leute nicht das Problem gewesen wäre, hätte die erste Kundin allein nicht schon etliche Minuten der Kassiererinnenzeit für sich in Anspruch genommen.

Nach fast 45 Minuten war ich endlich im Büro angekommen. Gewöhnlich brauche ich ca. 10 bis 15 Minuten.

Eigentlich hatte ich vor, nach der Arbeit zum Optiker zu gehen und mir endlich eine Brille für die Arbeit am PC anpassen zu lassen. Insbesondere seit ich den Laptop nutze, ist dies mit Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen verbunden. Von der schwer aufrecht zu erhaltenden Konzentration mal ganz zu schweigen. So fuhr ich in die Stadt, was keine allzu großen Umweg zwischen meiner Arbeitsstelle und meiner Wohnung darstellt. Und eigentlich ist es ja auch keine große Sache, den Laden zu betreten, die Augen messen zu lassen, eine Modell auszusuchen und wieder zu gehen.

Zuvor war ich noch in drei anderen Läden, weil ich da auch noch ein paar Dinge besorgen wollte. In den ersten flüchtete ich, weil ich mich von einem Typen, der die ganze Zeit hinter mir ging und auch mit mir die Seite der Fußgängerzone wechselte, verfolgt fühlte. Unentschlossen und unkonzentriert, ohne System lief ich zwischen den Waren herum, die Gänge auf und ab. Die Menschen gingen mir auf die Nerven mit ihrem schlechten Geruch, ihrem schlechten Benehmen und ihrem schlechten Deutsch. Krefeld verslumt immer mehr. Ich habe das Gefühl und Angst hier unterzugehen.

Ich ging zu meinem Fahrrad und schloss es auf, da glitt mein Blick die Fußgängerzone entlang in die Richtung, in die ich eigentlich hätte gehen müssen. Das pack ich jetzt nicht! Ich schwang mich aufs Fahrrad und fuhr so schnell es ging durch die Nebenstraßen nach Hause. An der roten Ampel warten zu müssen, machte mich wahnsinnig. Menschen, die im Weg waren, hätte ich am liebsten über den Haufen gefahren. Bloß weg!

Tja, und hier sitze ich jetzt seit zwei Stunden auf demselben Fleck. Slow-Motion-Zombie, an dem das Leben so eklig klebt. Mir brennen die Augen vom Löcher-in-die-Luft-starren. Ebenso lange sitze ich an dem Geschreibsel hier und versuche ich nun auch schon mich aufzuraffen, wenigstens noch ein paar Lebensmittel für den morgigen Feiertag zu beschaffen. Das scheint gerade eine unlösbare Aufgabe zu sein. Mir wäre es egal, aber ich bin ja nicht alleine.

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