Zum wiederholten Male versuche ich es diesen Herbst mit der Vogelfütterung auf dem Balkon. Der erste Versuch, die heimischen Singvögel zu füttern, war 2020. Ich habe Meisenringe gekauft. Das waren so Pappkringel mit Fett-Körner-Mischung darin, quasi Donuts für Meisen. Davon habe ich zwei Stück über den Blumenkasten vom Balkon gehangen. Kurz darauf war der erste weg und ich wunderte mich. Dem zweiten Ring konnte ich beim Verschwinden zugucken. Eine Möwe landete, schnappte sich den Ring und schlang ihn herunter. Die Pappe hat die Möwe mitgefressen.
Der zweite Versuch startete im vergangenen Herbst. Aber da hatte ich nach wenigen Tagen ständig die Tauben auf dem Balkon. Und auf die habe ich keine Lust. Seit Hugo und Henriette bei mir wohnen wollten, gestalte ich meine Blumenkästen im Frühjahr auch schon mal etwas ungemütlich für größere Vögel.
Ein Vogelhäuschen habe ich nicht. Eigentlich will ich schon seit Jahren wieder ein neues basteln und anmalen, nachdem ich mein altes verschenkt habe, aber ich will so vieles und habe so wenig Zeit und überhaupt. Hier mal ein Archivbild meines früheren Vogelhäuschens (nicht selbst gebastelt, nur selbst angemalt).
Dieses Jahr versuche ich es wieder. Um den Tauben die Sache nicht zu einfach zu machen, liegen im Balkonkasten die vertrockneten Sonnenblumen des vergangenen Sommers. Jeden Morgen schmeiße ich zwischen die Stengel eine Handvoll Körnermischung. Eine Elster kommt, pickt sich die Erdnüsse daraus und fliegt mit vollem Schnabel wieder davon. Im Laufe des Tages kommen Blau- und Kohlmeisen und Spatzen und holen sich die restlichen Körner. Außerdem habe ich zwei Halter für Meisenknödel gekauft, um die Möwen von der Futterstelle abzuhalten. Die Pappe mag das Tier ja noch ganz gut vertragen haben, aber das Plastik der Knödel müssen die ja nun nicht unbedingt fressen. Außerdem kaufe ich das Zeug ja nicht für die Möwen.
Ein wenig getrübt (im übertragenen und im Wortsinn) ist die Meisenfütterungsfreude durch die schmutzigen Fenster. Seit meiner Corona-Infektion bin ich ja hauptberuflich krank und da sind so unwichtige Dinge wie Fensterputzen erstmal von der Agenda geflogen. Das habe ich vergangenen Sonntag nachgeholt. Dabei war es ganz witzig zu beobachten, wie immer wieder einzelne Meisen bei mir oben in der fünften Etage vorbeigeflogen kamen, um die Lage zu checken und hungrig wieder abzogen, als sie sahen, dass ich da immer noch beschäftigt war. Je länger ich brauchte, um so öfter fanden die Kontrollflüge statt. Irgendwann wirkten sie schon ein wenig ungehalten, hat doch am Tag zuvor schon der Turmfalke ihr Abendessen gestört.
Er flog mehrere Angriffe, alle erfolglos. Es ist beachtlich, wie alle Meisen blitzartig im Unsichtbarkeitsmodus sind, sobald der Falke im Anflug ist. Dann dauert es ein paar Minuten, bis wieder emsiges Treiben an den Meisenknödeln herrscht. Und wie aus dem Nichts taucht der Falke wieder auf, viel zu schnell für uns, um ihn gut knipsen zu können.
So ein Meisenleben ist nicht ohne, da droht öfter mal Ungemach. So wie neulich, als ein Vogel zwischen Scheibe und Blumenkasten klemmte:
Ich weiß zwar nicht, was der da wollte, aber ich holte den Herrn Lebensabschnittsgefährten herbei, damit wir den armen Kerl aus seiner misslichen Lage befreien konnten.
Und nun störe ich sie mit meinem Putzfimmel bei der Futteraufnahme, da kann man schonmal empört sein und mir ein: “Mach mal schneller!” entgegen zwitschern. Als sie mich endlich erfolgreich vertrieben hatten, gab es noch ein paar Extrakörner und für uns freie Sicht durch saubere Scheiben.
Wir ziehen sogar in Erwägung, hier mal ein Meisen-TV einzurichten und das zu streamen. Ein paar Tests haben wir schon absolviert.
Mal sehen, ob aus dem Projekt noch etwas wird.
Unnötig zu erwähnen, dass es bereits am nächsten Tag in Strömen regnete und seither auch nur in kurzen Phasen mal aufgehört hat und die Scheiben mittlerweile wieder etwas übel aussehen. Aber beobachten können wir trotzdem gut, sowohl die Meisen als auch die Spatzen, die ebenfalls gelegentlich vorbeikommen.
Heute war nun die erste Taube da, die ich vertrieben habe. Das war’s dann wohl damit, die Körner einfach in den Blumenkasten zu werfen, ich brauche wieder ein Futterhaus.