Jaja, ich weiß, so langsam kann man den Gedächtniskram zum 30. Jubiläum des Mauerfalls nicht mehr hören. Aber da es zurzeit en vogue ist zu erzählen, was man machte, als die Mauer fiel, will ich natürlich nicht im Mainstream fehlen.
Im November 1989 wohnte ich in Hamburg, ich war Anfang 20 und geprägt vom kalten Krieg. Und ich war bar jeder Vorstellung, dass sich an diesem Zustand jemals etwas ändern könnte, viel zu verhärtet wirkten die Fronten. Noch im Frühjahr desselben Jahres, bevor ich nach Hamburg gezogen war, fragte mich ein damals 9-jähriges Mädchen, nachdem im Fernsehen Nachrichten gelaufen waren, ob ich glaube, dass die Mauer irgendwann wieder verschwinden würde. “Nein, das glaube ich nicht. Die sind so zertritten, das kann ich mir nicht vorstellen.”
Und dann, an diesem 9. November 1989, kam ich nach der Abendschule nach Hause und schaltete den Fernseher ein und traute meinen Augen und Ohren kaum. Da waren Menschen am Brandenburger Tor auf der Mauer zu sehen, da waren Menschen, die über die Grenze nach Westdeutschland kamen. Und die Menschen waren nicht in Todesangst auf der Flucht.
Wahnsinn! Ich glaube, ich war noch nie zuvor in meinem jungen Leben so ergriffen, wie in diesem Moment. Mir kullerten sogar zwei Tränen die Wangen hinunter, so sehr freute ich mich für diese Menschen, die nun endlich und hoffentlich dauerhaft reisen und die Welt erkunden konnten.
In der Folgezeit stopften Trabbis die Hamburger Innenstadt zu, weitere Menschen wurden in Reisebussen in die City gekarrt, um dort einkaufen zu gehen. Ein wenig ärgerte man sich als Hamburger darüber, dass die Trabbis keine Tickets wegen Falschparken bekamen. Bei der stadteigenen Bevölkerung zeigte man sich gerne unnachgiebig. Na ja, und einen Stadtbummel verkniff man sich auch, es war zu voll.
Aber die Lage beruhigte sich recht schnell wieder, zumindest für uns Westdeutsche. Für die Ostdeutschen begann ein beispielloser Ausverkauf der DDR, was manche bis heute nicht verwunden haben.