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Ekel

 ·  ☕ 2 Minuten zum Lesen  ·  ✍️ dark*

Seit Stunden, seit ich aufgewacht bin, putze ich meine Wohnung. Ekel überfällt mich, obwohl es hier gar nicht dreckig ist. Jemand hat gesaugt in meiner Abwesenheit, das Geschirr weggeräumt, die Kaffeetassen gespült, die ich stehen ließ, als ich morgens um sieben zum Bahnhof fuhr. Trotzdem ist es eklig, ich putze immer und immer wieder die gleichen Stellen, habe eine Stunde oder länger unter der Dusche gestanden, der Ekel lässt sich nicht abwaschen, geht nicht weg, Ekel vor mir selbst.

Alte Verhaltensmuster haben sich wieder eingefunden, längst verdrängt geglaubt. Naja, konnte ich ja schon immer gut, mir selbst etwas vormachen, mir und anderen. Lügen, nichts als Lügen und gleichzeitig wahrheitsliebend “bis zum geht nicht mehr”. Widersprüchlich wie alles in meinem Leben. Schutzbehauptungen, die mich zum verlogenen Schwein werden lassen. Was will ich schützen? Andere vor mir? Mich vor anderen? Ich weiß es nicht. Vermutlich mich vor *mir*. Zerstören, was nicht sein kann, weil es nicht sein darf. Gutfühlen, Lachen, verdammt, das darf nicht sein, die Faust mitten ins Gesicht. Irgendwie muss man doch zerstören, was nicht hergehört. Ich habe meinen Spiegel wieder verhangen, kann und will die eklige, hässliche Fratze nicht sehen. Ich fühle mich widerlich, benutzt, ausgenutzt, gleichzeitig wissend, es nicht anders gewollt zu haben, selbst gesteuert zu haben, wissend, dass all diese Gefühle vielleicht falsch sind, vielleicht nicht, wer weiß? Ordnung in das Chaos bringen, den Ekel abwaschen, nichts gelingt mir. Wieso muss das alles so sein? Wieso mache ich immer wieder Dinge, die ich nicht will, kann nur tatenlos dasitzen und *mir* zusehen, angewidert, angeekelt, hasserfüllt.

Warm ist es hier, unerträglich heiß. Ich muss die Fenster schließen, weil die Leute aus dem Nebenhaus sich sonst über die Musik beschweren, ich sollte mich schließen, abschließen, für immer. Ich weiß nicht wohin mit meinem Selbsthass, meinem Ekel vor mir selbst, meinem Ekel vor dem Leben.

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