Diese Seite sieht mit aktiviertem JavaScript am Besten aus

Der Apostroph

 ·  ☕ 3 Minuten zum Lesen  ·  ✍️ dark*
dark*s kleiner Deutschkur’s Deutschkurs

Ja, der (nicht das) Apostroph, er ist männlich, der kleine Strich am oberen Rand der Zeile, von dem kaum einer noch zu wissen scheint, wofür er überhaupt ist, das vermutlich am häufigsten missbrauchte Satzzeichen der deutschen Sprache. Und das wir obendrein am Computer auch noch alle falsch machen und stattdessen ein Hochkomma verwenden - wie auch ich, weil's schneller geht. Korrekt ist es wie oben in der Zeile zu sehen.

Der Apostroph ist in erster Linie ein Auslassungszeichen, das heißt, er steht anstelle von Buchstaben. Beispiele:

Wie geht es? = Wie geht's?
Ich gehe jetzt. = Ich geh' jetzt. - aber bitte nicht mit dem Imperativ (Befehlsform) verwechseln, Geh jetzt! als Aufforderung bleibt ohne Apostroph.

Im Genitiv wird der Apostroph nur bei Eigennamen, die auf s enden, eingesetzt. Beispiel:
Andreas' Webseite - die Webseite von Adreas. Im Vergleich dazu: Wenn Andreas eine Andrea wäre, hieße die Webseite "Andreas Webseite", ohne Apostroph.

Ich selbst kann mich nicht von der aus dem Englischen importierten Unsitte freisprechen, ihn auch für den deutschen Genitiv gelegentlich zu benutzen, in der Hauptsache bei Eigennamen. Eine Weile kam ich mir damit wahnsinnig originell vor, wovon ich aber mittlerweile wieder weitgehendst abgekommen bin, obwohl ich es eigentlich ästhetischer finde, da ich jede Verunstaltung (wie auch Abkürzungen) von Eigennamen ablehne.

So. Nachdem ich nun alle grammatikalisch auf den gleichen Stand gebracht habe, was mir wichtig war, kann ich zu dem kommen, worüber ich eigentlich schreiben wollte: Die Vergewaltigung des Apostrophs als Pluralzeichen. In meinen Augen die ärgste Zumutung, die der deutsche Sprachgebrauch bisher hervorgebracht hat. Die Deutschen scheinen ein Volk von Legasthenikern zu sein, oder wie sonst lässt es sich erklären, was ich bei Google gefunden habe:

Info's (150.000 Google-Treffer)
Link's (20.000 Google-Treffer)
CD's (283.000 Google-Treffer)
PC's (58.700 Google-Treffer)
AGB's (936.000 Google-Treffer) Ganz schlimm, da hier nicht einmal ein Plural-s erforderlich ist.

Tip's (5.030 Google-Treffer) bzw. Tipp's (7.150 Google-Treffer) und Trick's (1.380 Google-Treffer) für Handy's (11.200 Google-Treffer)

Und es geht noch schlimmer, man glaubt es kaum:

nicht's (5.660 Google-Treffer)
freitag's (233 Google-Treffer)
recht's (140 Google-Treffer)

Das hat weder mit Genitiv noch mit Plural etwas zu tun, das ist nur noch dumm.

Dass dieses Problem nicht ganz neu ist, weiß ich auch; vor Jahren wurde bereits in der Presse darüber berichtet. Angeblich sind die Ossis daran Schuld, da sie sich den Apostroph bei McDonald's abgeguckt haben und nun überall einsetzen, wo zufällig gerade ein s vorkommt. Ob das stimmt, konnte ich nicht mit letzter Sicherheit herausfinden. Aktüll ist das Thema allemal. Habe ich doch erst gestern wieder irgendwo über Saddam's bzw. Hussein's Verhaftung gelesen, schreibt der Münchener Merkur über "Lkw's", bei der NRZ ist "Sonntag's um zehn" die Welt noch in Ordnung. Besonders kreativ ist übrigens die Süddeutsche Zeitung, dort wollte man wohl den Apostroph vermeiden, wusste aber offensichtlich nicht, wie der Genitiv bei Abkürzungen anzuwenden ist. So wurden aus Frau T.s Augen "Frau T.-s Augen".

W-o 'soll da's no-ch hin-füh'ren?
Teile auf

dark*
geschrieben von
dark*
...