Die ersten beiden Lektionen befassten sich mit dem Vorkurs im Buch, in dem das russische Alphabet in Aussprache und Schrift mehr oder weniger erfolgreich vermittelt wurde. Das Schreiben ist reine Übungssache, aber die Aussprache hängt von so vielen Faktoren ab.
Die meisten Konsonanten im russischen Alphabet werden hart gesprochen. Nun haben wir einen Schwaben im Kurs, und bekanntlich kennen diese Landsleute eine harte Aussprache überhaupt nicht. Zusätzlich hat der Mann einen leichten Sprachfehler, was zwar in einer deutschen Unterhaltung kaum auffällt, eine russische Phonetik-Dozentin jedoch bisweilen zur Verzweiflung bringen kann.
Stets problematisch für fast alle Teilnehmer ist das L. Dies wird im Russischen etwa so ausgesprochen wie es ein echt köllsche Jong zu tun pflegt. Also bitte nicht einfach die Zunge an den Gaumen legen und die Stimmbänder aktivieren, sondern den Kehlkopf öffnen und den Laut von irgendwo weiter unten kommen lassen.
Immer wieder auffällig in Fremdsprachen ist das R. Schon im Englisch-Unterricht hat dieser Buchstaben für Verwirrung gesorgt. Derrr Rrrusse rrrollt das Rrr gerrrne ähnlich wie es die Bajuwaren tun, wenn sie Rradi kaufen.
Und dann gibt es im Russischen einen Buchstaben, zu dem es kein deutsches Pendant gibt. Eine Mischung aus u und i mit ein wenig y. (Für die Russisch-Kenner: Im Alphabet steht er zwischen dem harten und dem weichen Zeichen.) Dieses Teil korrekt auszusprechen ist für eine deutsche Kehle ein Ding der Unmöglichkeit. Ungefähre Erklärung der Dozentin, die zur allgemeinen Erheiterung führte: Zunächst einmal laut „Muuuuh“ machen, wie eine Kuh; dabei die Lippen auseinander ziehen wie zu einem breiten Grinsen und das U langsam zu einem I werden lassen. Irgendwo zwischen dem U und dem I liegt dann der Laut. Der einzige übrigens, den ich überhaupt nicht hinbekomme.
Mittlerweile gelingt es mir ohne nennenswerte Probleme, alle Buchstaben zu schreiben, zu lesen und (vom uiy mal abgesehen) auszusprechen. Auch bekannte Wörter zu verstehen und zu sprechen. Wenn man mir genügend Zeit lässt. Aber was so ein echter Russe ist, der spricht unglaublich schnell. So fehlt mir bisher noch jede Vorstellung davon, irgendwann mal einer solchen, die linguistische Schallmauer durchbrechenden Unterhaltung folgen zu können.