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Später Rückblick

 ·  ☕ 3 Minuten zum Lesen  ·  ✍️ dark*

Am letzten Tag bin ich zum Bahnhof gefahren, alleine mit der U-Bahn. Ich hatte noch drei Stunden Zeit, bis mein Zug abfuhr. Meine Tasche habe ich in ein Schließfach getan - ich habe vorher noch nie in meinem Leben ein Bahnhofsschließfach benutzt, hat für mich irgendwie den Beigeschmack von schlechten Krimis oder so - und dann bin ich noch ein bisschen durch die Straßen gelaufen. Dabei hatte ich schon den Gedanken im Kopf, dass ich in dieser Stadt wohnen möchte, fühlte mich heimisch irgendwie. Ich wollte nicht nach Hause, war traurig als ich in den Zug eingestiegen bin. Hm … Schwer zu beschreiben meine Stimmung an diesem Tag.

Jedenfalls komme ich hier an und Codo fragt mich, ob ich nicht tatsächlich in Berlin wohnen möchte, ob wir nicht alle zusammen umziehen sollen. Er liebt diese Stadt, will schon dorthin, seit er zum ersten Mal dort war 1993. Mir war nicht so richtig wohl bei dem Gedanken, weniger meinetwegen, nein wegen Schatzi. Ich habe Bedenken ob sie damit klarkommt, eine fremde, verdammt große Stadt, keiner, den sie kennt. Ich bin schon so oft umgezogen, 32-mal bisher, viele Male als Kind und es war die Hölle. Andererseits kommt sie nächstes Jahr in die 5. Klasse und muss sowieso die Schule wechseln, der Zeitpunkt wäre der einzig richtige.

Dann die Sache mit meiner Wohnung, der Mieterhöhung und der Kaution. Ich kann und will mir eine so teure Wohnung für mich alleine gar nicht leisten, die Kaution finde ich nur unverschämt und die Begründung für das Ganze ist wirklich der Hammer: Es ist ja jetzt alles modernisiert. Die Wohnung war auch vorher völlig ok, vor ungefähr sieben Jahren wurde der Dachausbau erst gemacht, vor zwei Jahren, bevor ich dort eingezogen bin, habe ich zwei Monate lang alles renoviert, alte Tapeten abgerissen, die Velux-Fenster lasiert (die Rahmen natürlich nur), tapeziert, Dachbalken lasiert, neuen Teppich überall verlegt, wirklich viel Arbeit und Geld reingesteckt. 11 Monate hat es nur gedauert bis zu dem Feuer und dann muss ich mir von denen anhören, es wäre ja nun alles renoviert, man würde Laminat verlegen. Mein Teppich war teurer als das Laminat, das die kaufen. Das Treppenhaus hier hätte ohnehin renoviert werden müssen, jetzt machen sie die Renovierung, genauso wie die meiner Wohnung, auf Kosten meiner Versicherung. Und ich soll mehr Miete bezahlen. Das sehe ich nicht ein.

Die Wohnung, auf die ich so lange gewartet habe, kam für mich plötzlich nicht mehr in Frage, das ganze Warten und Ausharren hier in dieser Übergangswohnung war völlig umsonst, ein Jahr und zwei Monate verschenkt. Der Gedanke an einen Umzug war sofort wieder da, der Gedanke “nur weg von hier”.

Am nächsten Tag war J. hier und Schatzi kam vorbei. Ich fragte sie, was sie davon halten würde, habe ihr auch gesagt, dass sie daran denken soll, dass sie dort niemanden kennt, sich lauter neue Freunde suchen muss. Sie fand den Gedanken trotzdem gut und meinte es würde ihr nichts ausmachen, wichtig ist ihr wohl nur, dass Mama UND Papa umziehen. Also sprach ich noch einmal mit Codo, ob er das nun wirklich will, ob er wirklich nächstes Jahr umziehen will und dass ich dann vorgehen würde, Anfang des Jahres, dass ich dann auch für ihn eine Wohnung suchen kann und eine Schule für Schatzi.

Tja und nun steht es fest. Und wie immer, wenn ich einen Entschluss einmal gefasst habe, kommt irgendwann der Punkt, an dem ich meinen eigenen Entschluss anzweifle. Andererseits wissen nun schon ein paar Leute, dass ich hier wegziehe, somit gibt es für mich auch keinen Rückzieher mehr.

Es war irgendwie angenehmer, als es keine Zukunft für mich gab.

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