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Welttag der Suizidprävention

 ·  ☕ 4 Minuten zum Lesen  ·  ✍️ dark*

Heute ist Welttag der Suizidprävention. Hier mal ein paar Gedanken dazu, eher unsortiert, einfach so runtergeschrieben. So ganz weg war ich ja nie vom Thema …

Zunächst die Hintergrundmusik zum Thema:

Alle 40 Sekunden stirbt ein Mensch auf dieser Welt durch eigene Hand, so die offzielle Statistik, eine Millionen Menschen pro Jahr, 1.000.000 jedes Jahr.

Dabei wird gerne betont, dass Suizid bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen die zweithäufigste Todesursache ist. Was bitte soll denn sonst zu den häufigen Todesursachen dieser Altergruppe gehören? Die üblichen Verdächtigen, wie Herz-/Kreislauferkrankungen und Krebs scheiden ja glücklicherweise aus. Würde die Jugend bereits an diesen Erkrankungen dahingerafft, wäre die Statistik viel alarmierender.

Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 15 bis 25 Jahren sind Verletzungen einschließlich der Unfälle die Haupttodesursache. Bei Männern dieser Altersgruppe verursachen sie knapp 70, bei Frauen fast 50 Prozent der Todesfälle.

Quelle: Häufige Todesursachen Kapitel 1.4.2 [Gesundheit in Deutschland, 2006]

Was wird dagegen getan? Wer geht da auf die verbalen Barrikaden? Niemand? Werden diese Kollateralschäden der modernen Gesellschat in Kauf genommen und stattdessen lieber die zweithäufigste Todesursache stigmatisiert, weil sie immer noch ein gesellschaftliches Tabu ist? Oft will es mir so scheinen.

Suicide is not chosen; it happens when pain exceeds resources for coping with pain.

Das darf man bitte nie vergessen. Ich weiß, dass es hart für die Hinterbliebenen ist, den selbst herbeigeführten Tod eines Angehörigen oder Freundes zu verstehen. Aber es ist auch gut, wenn man nicht verstehen kann, denn Verstehen bedeuten Nachempfinden zu können. Und setzt solch ein Nachempfinden nicht voraus, selbst schon einmal in einer ausweglosen scheinenden Situation gewesen zu sein? Das wünsche ich niemandem.

Aber was kann man tun, wenn jemand Suizidgedanken äußert? Ganz wichtig: ernst nehmen und zuhören! Viel mehr kann man kaum machen, aber das ist das Wichtigste! Es gibt kaum Schlimmeres als in so einer Situation noch zu hören, man hätte sie nicht alle, man würde spinnen, das ginge vorbei und dergleichen Phrasen mehr.

Suicide is not chosen; it happens when pain exceeds resources for coping with pain.

Übrigens gilt für Suizidler oftmals dasselbe wie für Raucher: Die Ehemaligen sind oft die Schlimmsten! Ich weiß nicht, wie oft ich mich in den schlimmsten Zeiten mit der unerbittlichen Ich-habe-es-doch-auch-geschafft-Rhethorik auseinandersetzen musste. Vielleicht täte es dem einen oder anderen (Suizidler wie Raucher) gut zu akzeptieren, dass wir nicht alle gleich sind, dass wir nicht alle dieselben Problemlösungsstrategien beherrschen und dass die Lösung für den einen noch lange nicht für den anderen gut sind. Schließlich sind die Gründe für einen Suizid so vielfältig wie die Menschen, die sich umbringen.

Diese Erfahrung habe ich selbst gemacht, jahrelang. Und auch heute noch denke ich mir oft, dass die Suizid-Foren und -Chats damals nicht unmaßgeblich dazu beitragen haben, dass es mich auch heute noch gibt. Die Tatsache, offen darüber sprechen zu können, wie beschissen das Leben ist und dass man keinen Bock mehr darauf hat, ohne blöd angemacht, schief angesehen, als krank deklariert oder sonstwie diffamiert zu werden, der Austausch darüber, wie man damit umgeht, und der Trost von Menschen, mit denen man schon manche lange und intensive Nacht im Chat verbracht hat, kann ungemein hilfreich sein in solchen Situationen. Leider kam dann eine sächsische Sektenbeauftragte, witterte hinter alldem eine sektenartige Struktur und machte alles mit Lügen und Intrigen kaputt. Heute gibt es nur noch Maintream-Blabla in der Szene.

Als ich die Diagnose Krebs bekam und mich mit dem Thema erneut, wenn auch aus anderen Gründen, auseinander gesetzt habe, stand für mich von vorneherein fest, dass bei Unheilbarkeit meiner Krankheit ich ein langes Leiden, wie es mir die Deutsche Gesetzgebung oktroyiert, nicht in Kauf nehmen würde. Ich würde in die Schweiz reisen und bei Dignitas vorstellig werden. Ich lasse mir meine Selbstbestimmung nicht nehmen. Von niemandem. Und wer auch immer sich mir in den Weg stellt, riskiert Teil eines erweiterer Suizids zu werden. Ihr könnt mich nicht zum Leben zwingen!

Sterbehilfe: Eine Familie und ihre Entscheidung

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dark*
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