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1-Euro-Job

 ·  ☕ 5 Minuten zum Lesen  ·  ✍️ dark*

Im Januar dieses Jahres war Termin für meine routinemäßige 3-Monats-Meldung beim Arbeitsamt, das bekanntlich zwischenzeitlich zur Agentur umgebaut wurde und seither augenscheinlich nur noch mit sich selbst beschäftigt ist. Ich schaffte es gerade noch, die Sachbearbeiterin zu fragen, wie es sich denn mit den 1-Euro-Jobs verhielte und mich entsprechend vorzumerken. Dann hatte sie keine Zeit mehr für mich.

Im April kam dann endlich die Aufforderung der inzwischen mit sich selbst völlig überforderten Agentur, mich bei der Stadt Krefeld wegen einer “Arbeitsgelegenheit” zu melden. Dieser Brief kam wenige Tage vor meiner 3-Monats-Meldung, so hoffte ich, bei der Agentur noch näheres zu erfahren, bevor ich bei der Stadt vorstellig wurde. Allerdings wurde ich diesmal ganz offensichtlich und deutlich abgewimmelt (“Es tut mir leid, dass ich Sie jetzt abwimmeln muss, aber Sie sehen ja selbst, was hier los ist.”), dass es so weit gar nicht kam. Nicht einmal die Frage, ob es sich bei einer Arbeitsgelegenheit tatsächlich um einen 1-Euro-Job handelt, konnte der junge Mann mir beantworten. Von einer Service-Agentur ist zumindest die Krefelder Außenstelle noch weit entfernt.

Der Termin bei der Stadt verlief entgegen meiner Erwartungen sterbenslangweilig. Was sind 1-Euro-Jobs? Warum gibt es diese? Bin ich dazu verpflichtet? Solche und ähnliche, schon hundertmal durchgekaute Fragen, wurden behandelt. Anschließend bekam jeder Anwesende einen Einzeltermin bei einem Sachbearbeiter der Zentralstelle für Beschäftigungsförderung. Mein Termin war Anfang Mai.

Die für mich zuständige Sachbearbeiterin in der ZfB ist ausgesprochen nett, freundlich und sympathisch. Das ist zwar nicht entscheidend, macht die ganze Angelegenheit aber erheblich angenehmer und bessert die Laune. Ein polizeiliches Führungszeugnis musste ich neben den üblichen Unterlagen (Zeugnisse, Lebenslauf usw.) vorlegen. Ich fragte nach Teilzeitstellen, da meine Tochter zur Zeit intensive Hausaufgabenbetreuung benötigt. Dies sei kein Problem, man sei bemüht, möglichst individuell auf die Bewerber einzugehen. In Krefeld werden nach wie vor zunächst die Personen herangezogen, die sich freiwillig melden und auch tatsächlich bereit sind zu arbeiten. Eine Vorgehensweise, die meines Erachtens auch sehr sinnvoll ist. Nachdem wir alles besprochen hatten, suchte sie im Computer nach für mich geeigneten Angeboten. Neben jeglicher Büroarbeit war ich auch an anderen Jobs interessiert. Allerdings konnte ich nicht sagen, was ich machen möchte. Wie in nahezu allen Bereichen des Lebens kann ich stets besser zum Ausdruck bringen, was ich nicht will. Aber auch so kann man filtern. Es blieben ein paar Stellen, die mich durchaus gereizt hätten.

Eine Musikschule suchte jemanden für die Bibliothek der Notenblätter; eine soziale Einrichtung brauchte Leute, die Obdachlose unterstützen und begleiten bei Behördengängen und ähnlichem (vermutlich nicht ganz ungefährlich); ich hätte auch Friedhofsgärtner werden können. Aber dies alles leider in Vollzeit. Im Zoo, wo ich auch sehr gerne gearbeitet hätte, war bedauerlicherweise keine Stelle mehr frei. Und so blieb nur ein Angebot in Teilzeit im Bereich Verwaltung, für das ich mich dann entschied. Ich wies noch darauf hin, dass ich Termine zur Krankengymnastik hätte, die ich noch wahrnehmen muss und die ich zu beachten bitte.

Letzte Woche rief die Sachbearbeiterin mich an um mir mitzuteilen, dass ich donnerstags ein Vorstellungsgespräch hätte. Dort ging ich natürlich hin, fühlte mich aber ausgesprochen unwohl. Die beiden Herren, mit denen ich zu tun hatte, wirkten irgendwie seltsam, schmierig und aalglatt zugleich. Glücklicherweise stellte sich aber heraus, dass ich mit diesen gar nicht zusammenarbeiten sollte, sondern sie nur für die Verteilung der 1-Euro-Jobber in verschiedenen Bereichen und Organisationen zuständig seien. Die beiden Herren wiederum hatten zwei Stellen zur Auswahl, von denen ich mich für eine entscheiden musste. Es handelt sich dabei um eine paritätische Einrichtung, die mir vom Namen bekannt und den Aktivitäten halbwegs geläufig ist sowie eine mir völlig unbekannte Einrichtung. Ich entschied mich für erstere und sollte mich dort am Freitag vorstellen. Als ich erwähnte, dass ich montags drauf den letzten Termin zur Krankengymnasitk hätte, wirkte man etwas distanziert, man wolle so schnell wie möglich mit der Maßnahme beginnen. Da sich daran aber nichts ändern ließ, einigte man sich widerwillig darauf, dass ich Dienstag beginnen könnte.

Mittlerweile bin ich zu der Einsicht gekommen, dass sich mit nichts so gut Geld verdienen lässt, wie mit den Arbeitslosen. Ich kam mir rumgeschubst vor, hin- und hergeschickt von A nach B, scheißegal, Hauptsache das faule Pack ist irgendwie beschäftigt. Mit solchen Frustgedanken fuhr ich wieder heim und hatte relativ geringe Erwartungen an den nächsten Tag.

Das Freitagsgespräch verlief demnach auch besser als erwartet. Das Büro gefiel mir beim Betreten auf Anhieb und auch der Chef dort machte einen netten, wenn auch nordisch-distanzierten Eindruck. Mit einem guten Gefühl verließ ich ihn nach etwa 30 Minuten, montags sollte ich wieder anrufen. Dem Chef war es ganz Recht, dass ich Montag keine Zeit hatte. Er hätte den Arbeitsbeginn lieber auf die nächste Woche verschoben, da man zur Zeit an dringenden Terminarbeiten sitzt und gar keine Zeit hat mich einzuarbeiten. Aber der Träger des ganzen, die Organisation, der die beiden Herren angehören, die ich so unsympathisch finde, hat darauf bestanden sofort anzufangen. Ein Begehren, welches nicht einmal die Sachbearbeiterin bei der ZfB nachvollziehen kann.

So kam es, dass ich heute meinen ersten Arbeitstag hatte. Zwei Stunden lang hatte ich nichts Wichtigeres zu tun, als möglichst intelligent aus der Wäsche zu gucken. Danach habe ich einige Kopien angefertigt und bei der Terminarbeit mitgewirkt, indem ich Korrektur gelesen habe.

Es handelt sich um eine paritätische Einrichtung, die sehr viele Dinge anbietet: Hausaufgabenbetreuung, Mutter-Kind-Kurse, Deutschkurse für Ausländer, verschiedene Gymnastikkurse (Schwangere, Rentner, Rückbildung usw.) Töpfer, Malerei sowie dieverse Ferienprogramme für Kinder. In diesem Bereich bin ich in der Verwaltung beschäftigt, wo die Kursprogramme geschrieben und Anmeldungen entgegen genommen werden. Das Büro ist Anlaufstelle für Kursteilnehmer und Kursleiter gleichermaßen. Was genau ich später machen werde, weiß ich zwar noch nicht, aber höchstwahrscheinlich gehört auch die Umgestaltung und Pflege der Webseite dazu.

Die Atmosphäre ist locker und angenehm, die Leute, mit denen ich zu tun habe, scheinen alle ganz nett zu sein. Die Hauswirtschafterin ist Russin, so dass ich sogar die Möglichkeit habe, meine neu erworbenen Sprachkenntnisse auch einmal anzuwenden - sobald ich die Hemmschwelle überwunden habe. Meine Arbeitszeit beginnt um 9:00 Uhr. Auf meinem Schreibtisch steht ein Rechner mit Internetanschluss. Was will man mehr?

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